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Gut für sich sorgen

Gut für sich sorgen

 

 

Häufig scheint es wie ein (unmöglicher) Balance-Akt die Ansprüche des Außen mit unseren inneren Bedürfnissen unter einen Hut zu bringen. Dabei ist Selbstfürsorge wichtig, alles andere als Egoismus und etwas, das wir uns täglich zugestehen sollten.

 

Werfen wir einen Blick auf unser Miteinander mit anderen Menschen und den Umgang mit uns selbst, mag uns auffallen, dass wir große Bemühungen unternehmen, um für andere da zu sein, uns selbst jedoch häufig hinten anstellen und vernachlässigen. Aufopferung erscheint im Gegensatz zur offenen Kommunikation unserer Bedürfnisse wie eine ehrenwerte und selbstlose Tat, doch ist diese Haltung in Wahrheit viel mehr die Aufgabe von Eigenverantwortung und eine Absage an uns selbst. Es ist keine Form von Egoismus, sich selbst an die erste Stelle zu setzen, nichts, für das wir uns schämen oder weswegen wir uns schlecht fühlen müssen. Es ist unser gutes Recht und eine Verpflichtung, die wir uns selbst schuldig sind.

 

 

Selbstfürsorge – Was genau ist das?

 

Jemandem Fürsorge zuteil werden lassen, sich um ihn bemühen, setzt Wertschätzung und Achtung voraus. Demnach handelt es sich um einen Akt der Selbstliebe, wenn wir gut für uns sorgen und auf das hören, was wir gerade brauchen. Es bedeutet, aktiv etwas für uns selbst zu tun, aber auch, unsere Grenzen zu vertreten, wenn andere sie missachten.

 

Selbstfürsorge bezieht sich sowohl auf unser leibliches, mentales als auch seelisches Befinden. Alle drei Aspekte haben individuelle Bedürfnisse, um gesund und vital zu bleiben, nicht zu verkümmern oder einzugehen. Daher gilt es, sich gleichermaßen um alle drei zu bemühen und im Sinn zu behalten, dass sie nicht isoliert voneinander existieren, sondern sich gegenseitig beeinflussen. Vernachlässigen wir einen Aspekt, so leiden früher oder später auch die beiden anderen.

 

 

Fragen, die Aufschluss geben können, wie es um die „Basics“, also deine grundsätzliche Verfassung steht, sind:

 

Körperliche Ebene

Schlafe ich genug? Esse ich regelmäßig Nahrungsmittel, die gut für mich sind?

Trinke ich ausreichend? Sorge ich für Ruhephasen?

 

Geistige Ebene

Mit welcher Nahrung füttere ich meinen Geist?

Was für Bücher lese ich? Welche Sendungen und Filme sehe ich mir an?

 

Seelische Ebene

Erlaube ich mir Raum für das, was mir wichtig ist? Pflege ich Kontakte oder nable ich mich ab?

Schenke ich mir selbst genug Abwechslung und Inspiration? Gestatte ich anderen mir nahezukommen?

 

 

 

Selbstfürsorge – Wann wird sie notwendig?

 

Wann genau sollten wir mit unserer Selbstfürsorge beginnen? Wird sie erst nötig, wenn wir feststellen, dass wir nicht mehr „ganz rund laufen“? Dass wir müde und ausgelaugt, irgendwie ständig gereizt und dünnhäutig sind? Dass wir unsere Aufgaben nur noch mit Mühe und Not bewältigen können?

 

Erst dann gegenzusteuern, wenn unser Akku bereits Knallrot aufleuchtet, wir uns nur noch durch die Tage quälen und bereits mit körperlichen Auswirkungen kämpfen, ist auf jeden Fall zu spät. So lange sollten wir keineswegs abwarten – und so weit muss es auch gar nicht kommen, wenn wir regelmäßig auf unser inneres Gleichgewicht und Wohlbefinden achten und entsprechende „Inseln“ in unseren Alltag einplanen.

 

Ein gut wahrnehmbares Warnsignal dafür, dass wir uns nicht in unserer Mitte befinden und aus dem Takt geraten sind, ist beispielsweise, wenn wir keine Lust mehr haben, um dem nachzugehen, was wir gerne tun, was uns wichtig und lieb ist. Dies sollte uns Anstoß geben, aktiv zu werden und etwas in unserem Leben und Alltag zu verändern.

 

 

Achtsamkeit und Innenschau

 

Eine Methode, um sich in Balance zu halten und vorbeugend dafür zu sorgen, dass wir gar nicht erst aus unserer Mitte fallen, ist Tagebuch zu führen. Dabei geht es weniger um die äußeren Ereignisse, sondern mehr um unsere Gefühle und Gedanken zu dem, was gerade passiert. Gehäuft fragen wir andere Menschen „Wie geht es dir?“  uns selbst stellen wir diese Frage nur sehr selten, wenn überhaupt.

 

Der einfachste Weg, um diesem „Wie geht es mir?“ auf die Spur zu gehen ist, unsere Gedanken und Gefühle schriftlich festzuhalten. Anfangs mag es schwerfallen oder lästig erscheinen, doch kommen wir nach und nach tiefer mit uns selbst in Kontakt. Wir geben unserer Seele eine Möglichkeit zu Wort zu kommen und uns auf Dinge aufmerksam zu machen, die uns im hektischen Alltag entgangen sind. Erkenntnis ist, entgegen der Meinung, dass „was man nicht weiß, einen nicht behindern kann“, stets der erste Schritt zur Heilung.

 

 

Praktische Umsetzung

 

Einer der wohl kontinuierlichsten Schritte in Bezug auf Selbstfürsorge ist der, nach innen zu lauschen, eine Bestandsaufnahme zu machen und nachzuspüren, was zu diesem Zeitpunkt wichtig ist. Folgende Fragen aus dem Buch „Seelisches Gepäck abgeben – leichter leben“ (Kreuz Verlag) können als Leitfaden dienen.

 

Stelle dir mehrmals am Tag folgende Fragen:

 

Wie geht es mir momentan?

Wie fühle ich mich? Bin ich zufrieden oder brauche ich etwas?

Was geht gerade in mir vor?

Wie fühlt sich mein Körper an?

Aber vor allem: Was brauche ich jetzt, was tut mir gut? Und was tut mir nicht gut?

 

Gestehe dir das, was du brauchst, zu.

Immer wieder. So lange, bis es sich richtig anfühlt.

 

 

 

Kleine Geschenke erhalten die Laune

 

Es kommt vor, dass wir für Freunde oder Familie viel Geld ausgeben, jedoch knausern, wenn es um uns selbst geht. Dann überlegen wir doppelt und dreifach, ob wir dieses oder jenes wirklich brauchen, greifen häufig zur günstigen Variante, obwohl uns die teurere besser gefallen hätte. Das sollten wir ändern.

 

Wir sind der wichtigste Mensch in unserem Leben und deshalb verdienen wir das Beste. Wir müssen nicht warten, dass jemand anderes uns beschenkt oder uns erlaubt, uns etwas Gutes zu tun. Wir können und dürfen uns selbst eine Freude machen, unabhängig von einem besonderen Tag, Ereignis oder Fest. Einfach deswegen, weil es uns gerade gut tut. Das ist Grund genug.

 

Seelenschmeichler können beispielsweise sein: ein Strauß Blumen für den Esstisch oder Schreibtisch; ein Stück unseres Lieblingskuchens; ein großer Eisbecher; die neue Ausgabe unserer Lieblingszeitschrift; ein paar warme Socken; ein frischer Farbton für unsere Wohnungswände. Es kommt nicht darauf an, wie groß oder klein, teuer oder billig etwas ist. Vielmehr ist es die Geste und das Genießen, auf das es ankommt.

 

Frage dich:

Womit könnte ich mir heute eine kleine Freude machen?

 

 

 

Tierische Inspiration

 

Hast du ein Haustier? Vielleicht eine Katze, einen Hund, einen Hasen oder ein Meerschwein?

Wenn ja, hast du einen guten Coach bei dir zu Hause, der dir einige gute Kniffe beibringen kann.

 

Tiere leben sehr intuitiv bzw. instinktiv. Wenn sie müde sind, machen sie ein Nickerchen. Wollen sie spielen, spielen sie. Wenn der Magen knurrt, wird gefressen. Wir können uns etwas von dieser Lebensweise abschauen, indem wir einfach mitmachen und Arbeit, Sorgen und Ärger für den Moment sein lassen (sie laufen uns garantiert nicht davon).

 

Deine Katze rollt sich schnurrend auf der Couch zusammen? Leg dich dazu und gönn dir eine Stunde Nachmittagsruhe. Der Hund liegt ausgestreckt auf der Terrasse und sonnt sich? Schnapp dir eine Liege/einen Stuhl und genieße die Sonne; notfalls kannst du sogar deine Arbeitsunterlagen mit nach draußen nehmen. Hase & Co. verlangen lautstark nach ihrem Mittagessen? Wäre dies nicht der perfekte Zeitpunkt, um eine Pause einzulegen und ebenfalls etwas zu essen?

 

 

 

Verbindliche Dates mit sich selbst

 

Du hast in der Arbeit früher Schluss gemacht und für den Nachmittag den erholsamen Plan „Buch lesen, Kaffee trinken und Füße hochlegen“ aufgestellt, da klingelt plötzlich das Telefon und dein Chef ruft dich wegen eines Notfalls zurück ins Büro? Oder aber, es klingelt an der Haustür und deine Mutter/Nachbarin/Freundin steht vor der Tür? – Was nun? Alle Pläne über Bord werfen?

 

Das Außen ist ein wahrer Meister, wenn es darum geht, sorgsam geplante Vorhaben und wichtige Auszeiten zu durchkreuzen. Genau deshalb ist es wichtig zu priorisieren und auch mal nein zu sagen. "Nein" ist weder ein Schimpfwort noch macht es dich zum Egoisten. Du musst nicht immer (sofort) springen, wenn man dir ruft. Du hast ein Recht auf freie, ungestörte Zeit. Dates mit dir selbst sollten genauso wichtig und verbindlich sein, wie eine Verabredung mit Freunden oder Familie. 

 

 

 

Sich Zeit geben

 

Rom wurde nicht an einem Tag erbaut. Ebenso können wir unseren Alltag und unsere antrainierten Verhaltens- und Reaktionsmuster nicht von heute auf morgen komplett über den Haufen werfen und umpolen. Haben wir uns bisher schwer getan, Grenzen zu ziehen, uns Pausen zu gönnen, wenn es nötig war oder uns an erste Stelle zu stellen, wird es eine Weile dauern, bis wir uns neue positive Verhaltens- und Lebensweisen angeeignet haben, bis wir intuitiv spüren, was uns gut tut und was weniger, wann eine Auszeit oder eine große Portion Seelenschmeichler fällig ist.

 

Im Zweifelsfall ist unser Gefühl das Barometer, auf das wir hören sollten, da es eng mit unserem Unterbewusstsein in Verbindung steht und uns stets mitzuteilen versucht, was in diesem Moment richtig und gut für uns ist.

 

 

 

 

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